Ein neues Forschungsprojekt an der FH Münster widmet sich der Verbesserung eines Verfahrens zur Krebsdiagnose. Im Fokus stehen Nanodiamanten, die als optische Sensoren Tumorzellen identifizieren.

Krebserkrankungen stellen in Deutschland die zweithäufigste Todesursache dar. Etwa ein Viertel aller Sterbefälle im Jahr 2023 ging auf Krebs zurück, jährlich kommen rund 500.000 neue Krebsdiagnosen hinzu. Das deutsch-niederländische Forschungsprojekt „NanoDetect“ unter Federführung der FH Münster widmet sich nun der Verbesserung eines neuartigen In-vitro-Diagnoseverfahrens, der sogenannten Relaxometrie. Dabei werden Nanodiamanten als optische Sensoren in lebende Zellen eingebracht, um einzelne Tumorzellen mit abweichendem Stoffwechsel zu identifizieren. Beteiligt sind außerdem die TAFH Münster GmbH, das Universitätsklinikum Groningen, die Universität Osnabrück, das Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung e.V (IOM) sowie als Partner aus der Industrie Jüke Systemtechnik GmbH, bill-X GmbH und QT Sense.

„Wir nutzen die fluoreszierenden Eigenschaften von Nanodiamanten mit Stickstofffehlstellen, auch NV-Zentren genannt“, erläutert Dr. Ludwig Horsthemke, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Labor für Halbleiterbauelemente und Bussysteme am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik. Die Idee ist, diese modifizierten Nanodiamanten in eine Gewebeprobe einzubringen und von unten mit Laserlicht anzuregen, woraufhin die NV-Zentren rotes Licht emittieren. Nach einer definierten Dunkelzeit wird bei erneutem Einschalten des Lasers die Intensität dieser Fluoreszenz gemessen. Aus dem Abfall dieser Intensität in Abhängigkeit von der Dunkelzeit lässt sich die sogenannte Relaxationszeit bestimmen. Dadurch ergibt sich ein Zeitmuster, das Rückschlüsse auf die Wirksamkeit einer Krebstherapie und den Zustand des Gewebes ermöglicht. „Wenn ein Arzneimittel anschlägt, haben Tumorzellen sogenannten oxidativen Stress. Die freien Radikale, die hier in der Zelle entstehen, interagieren mit den NV-Zentren und verändern deren Spinzustände, wodurch diese Relaxationszeit sinkt“, erläutert Marina Peters, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Labor für Quantentechnologie am Fachbereich Physikingenieurwesen.

Das Ziel des Projektes sei es, einen prototypischen Versuchsaufbau zu entwickeln und zu evaluieren. „Der bisherige Aufbau für das Verfahren von QT Sense nimmt einen ganzen Tisch ein“, beschreibt Horsthemke zur Veranschaulichung. „Gemeinsam arbeiten wir an einem Gerät, das später einem herkömmlichen optischen Mikroskop ähneln soll, wie es in Forschungseinrichtungen und medizinischen Labors verwendet wird.“ Es soll kompakter, günstiger und genauer sein. Die Projektpartner arbeiten dabei interdisziplinär zusammen. „Die Umsetzung des Sensorkonzepts erfordert Kompetenzen in molekularer Biologie, Materialwissenschaften, Optik, Elektronik und Informatik“, erklärt Horsthemke. Aktuell beschäftigen sich die FH-Wissenschaftler*innen beispielsweise mit der Programmierung des Lasertreibers und der Elektronik für das Pulsmuster. Studentin Ann Maria Tom untersucht in einer Projektarbeit im Masterstudiengang Materials Science and Engineering zudem die Materialauswahl für einen optischen Block, der zum Einsatz kommen soll.

Von der Relaxometrie versprechen sich die Forscher*innen einige Vorteile. „Sie ist konventionellen Verfahren in mehreren Punkten überlegen“, betont Projektleiter Prof. Dr. Markus Gregor. So würden nur wenige Zellen benötigt, einzelne Krebszellen könnten identifiziert werden und die Messmethode sei spezifischer für relevante Marker, weniger störanfällig und sie ermögliche „Live“-Messungen. „Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig“, unterstreicht Gregor. Sie reichen von der Anwendung in wissenschaftlichen Forschungslabors bis hin zur Diagnostik direkt in Krankenhäusern, Kliniken und Labors. Das Forschungsprojekt soll darüber hinaus eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit der beteiligten Forschungs- und Unternehmenspartner in der Grenzregion im Bereich von Zukunftstechnologien wie Biotechnologie, Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie ermöglichen.

Das Projekt „NanoDetect“ wird im Rahmen des Interreg VI-Programms Deutschland-Nederland durchgeführt und mit knapp 3,44 Millionen Euro durch die Europäische Union, das niederländische Wirtschaftsministerium (EZ), das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und die Niedersächsische Staatskanzlei sowie die Provinzen Groningen, Fryslân, Drenthe, Flevoland, Overijssel, Gelderland, Noord-Brabant und Limburg mitfinanziert.

Textquelle: https://www.fh-muenster.de/de/ueber-uns/newsroom/news/krebsdiagnostik-mit-nanodiamanten
Foto: FH Münster/Jana Bade